„Grimming“ – Death Metal im Steireranzug
23.05.2025 Junges EnnstalEine junge Band aus dem Ennstal geht viral in den sozialen Medien. Mit Dialekt-Metal haben sie eine Kombination geschaffen, die es in dieser Form bislang noch nicht gab.
Öffnet man auf YouTube das offizielle Musikvideo von „Lindwurm“, sieht man eine fast ...
Eine junge Band aus dem Ennstal geht viral in den sozialen Medien. Mit Dialekt-Metal haben sie eine Kombination geschaffen, die es in dieser Form bislang noch nicht gab.
Öffnet man auf YouTube das offizielle Musikvideo von „Lindwurm“, sieht man eine fast schon romantische Szenerie. Vier junge Männer in traditioneller Tracht stehen vor dem Bergmassiv des Grimming. Der Auftakt erinnert an einen Heimatfilm – kitschfrei, aber eindrucksvoll inszeniert. Einzig und allein das Logo der Band mit der dornenartigen spitzen Schrift und die E-Gitarrenklänge im Hintergrund lassen darauf deuten, dass es hier gleich gar nicht mehr so österreichisch wird. Oder vielleicht doch?
Samuel und Michael grinsen mir durch den Bildschirm entgegen. Trotz der Sonnenstrahlen wirken sie noch müde. Nicht ungewöhnlich, denn es ist Sonntagvormittag, als wir uns zum Interview treffen. Auf die Frage nach ihrem Frühstück zeigen die beiden schmunzelnd ihre Kaffeetassen ins Bild. Ihr Lausbubenlachen ist geblieben – ebenso wie die Liebe zur Musik. Dabei sind die zwei nur die Hälfte der Band „Grimming“. Aron und Martin machen das Vierer-Gespann komplett. Vier junge Männer, E-Gitarren, Schlagzeug und Bass – das ist „Grimming“. Die neue Death-Metal-Band aus der Obersteiermark.
Doch von Anfang an. Eine steirische Death-Metal-Band gründet man nicht einfach aus einer Laune heraus. Die Geschichte beginnt früh, als die ersten metallischen Klänge schon aus dem Kinderzimmer dröhnten und Bands wie Metallica und Iron Maiden die Playlists füllten. Und doch hatte der Start in die Musikkarriere eher wenig mit Death Metal am Hut. Denn geprägt wurden die jungen Stainacher vor allem im heimischen Musikverein. Tracht, Kultur und Schlagzeug. Die perfekte Grundlage für alles, das noch kommen soll. Zwischen Haferlschuh, Gamsbart und E-Gitarre blitzte immer häufiger ihre musikalische Zukunft hervor. Bis heute tragen die vier ihre Tracht mit Stolz. Sie ist Teil ihrer Herkunft, beschreibt ihre Werte und verkörpert den „authentisch steirischen“ Teil ihrer Musik perfekt. Sie „leben, lieben und zelebrieren“ sie, wie sie im Interview verraten.
2023 folgt dann der Wendepunkt. Am Kaltenbach-Open-Air-Festival – ein renommiertes Extreme Metal Festival in Österreich – kommen sie auf den Geschmack. Nach ein paar wilden Tagen und Nächten wird die Idee im Herbst 2023 zur Realität: „Grimming“ wird gegründet. Nicht nur mit ihren Outfits, auch mit dem Bandnamen bleiben die jungen Männer ihrer Heimat treu. Der Grimming – der höchste freistehende Berg Europas – begleitet sie seit Kindheitstagen. Man könnte fast meinen, „Grimming“ ist fortan nicht nur Bandname, sondern auch Programm. Denn genauso unverkennbar, hart und beeindruckend wie der Grimming es ist, sind auch die Klänge, die von nun an regelmä- ßig aus dem Musikheim ertönen. In den vier Wänden des Musikvereins beginnen die vier, sich musikalisch auszutoben – und schreiben ihren ersten eigenen Song.
„Lindwurm“ heißt das Debüt. Der Titel greift eine lokale Sage aus dem Ennstal auf. Der Sage nach gab es einst im Grimmingboden, einer Ebene nahe Tauplitz, einen großen See. In diesem soll ein Lindwurm gelebt haben, der die Region in Angst und Schrecken versetzte. Auf Englisch und Mundart, untermalt von harten Death-Metal-Klängen, erzählt die Band die Sage auf ihre eigene Art und Weise. Sie verbinden Tradition mit Moderne, die Steiermark mit der Welt. Und das im wahrsten Sinne. Denn das Intro ihrer Debütsingle ist nichts weniger als ihre Interpretation der steirischen Landeshymne. Wenige Sekunden mit gro- ßer Bedeutung.
Am 6. April 2025 veröffentlichen sie „Lindwurm“ mit Musikvideo online. Binnen einer einzigen Woche verzeichnet ihr Song über 100.000 Aufrufe, tausende Likes und hunderte Kommentare. Ein Erfolg, der selbst die Band überrascht hat. Ihr ursprünglicher Gedanke, langsam zu wachsen, musste schnell verworfen werden. Death Metal im Trachtenlook mag in der Obersteiermark eher ungewöhnlich sein – doch die Reaktionen darauf sind sehr positiv.
Zu Live-Auftritten und neuen Veröffentlichungen äußern sich die vier nur vage. Neue Musik sei schon fertig und auch Auftritte seien schon in Planung. Mehr Infos sollen im Juni folgen. Die Social-Media-Kanäle der Band im Auge zu behalten, sei wohl ein heißer Tipp. Fest steht zumindest schon ihr Auftritt beim Two Days of Metal Festival Ende September in Leoben.
Auch auf die letzte Frage, mit welchem Künstler sie gerne einmal einen Tag verbringen würden, haben die beiden ohne zu zögern eine Antwort parat: Metallica oder Iron Maiden – „die großen Jungs“, wie Samuel sie nennt. Und wer weiß, man soll ja bekanntlich nie aufhören, groß zu träumen.
Frischer Wind für die Szene, eine Bereicherung für die Region und Vorbild für viele junge Menschen. Das ist „Grimming“ – die erste Death-Metal-Band im Steireranzug.
Elisa Schütz