Nach quälend langen Regierungsverhandlungen haben sich CDU, CSU und SPD auf eine gro- ße Koalition geeinigt. Doch schon bei der ersten Abstimmung, noch dazu der Kanzlerwahl, wurde die absolute Mehrheit verfehlt. Und auch wenn sechs Stunden später Friedrich Merz als Kanzler ...
Nach quälend langen Regierungsverhandlungen haben sich CDU, CSU und SPD auf eine gro- ße Koalition geeinigt. Doch schon bei der ersten Abstimmung, noch dazu der Kanzlerwahl, wurde die absolute Mehrheit verfehlt. Und auch wenn sechs Stunden später Friedrich Merz als Kanzler gewählt wurde, bleibt ein schaler Beigeschmack. Immerhin haben 16 Abgeordnete aus dem Regierungslager nicht mit ihrer Fraktion gestimmt. Und das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten, zumindest wenn man die Hoffnung auf eine handlungsfähige deutsche Regierung hat.
Schon in den Koalitionsverhandlungen mussten die Parteien bei einem sehr großen Teil der Politikfelder so schmerzhafte Kompromisse machen, dass die Wähler und die Funktionäre äußerst unzufrieden waren. Aber wenn zwei Parteien in eine Koalition „müssen“, obwohl ihre Programme in vielen Bereichen komplett verschiedene Zielsetzungen haben, kommt eben gezwungenermaßen ein fauler Kompromiss heraus.
Mangels realpolitischer Alternativen werden die Koalitionspartner aber die Legislaturperiode miteinander bewältigen müssen. Und das in einem der schwierigsten Umfelder der letzten 50 Jahre, mit Wirtschaftskrise, Trump und Ukraine-Krieg und europäischen Partnern, die sich nichts sehnlicher wünschen als eine handlungsfähige Bundesrepublik. Man kann nur hoffen, dass die Abstimmungspleite der (nicht mehr) großen Koalition ein einmaliger Ausrutscher war. Denn Europa braucht Deutschland und Deutschland hat aktuell keine andere Wahl als die Koalition der sich nicht gerade freundlich gesonnenen Parteien der Mitte.
Franz Wallig